Chambers Bay (dpa) – Tiger Woods demontiert sich selbst. Der US-Golfstar verpasste erstmals seit 2006 den Cut bei der US Open. Der Sieger von 2000, 2002 und 2008 brauchte insgesamt 156 (80+76) Schläge auf dem Kurs in Chambers Bay bei Seattle und verpasste klar die Teilnahme am Wochenende.
Tiger Woods hat den Cut bei den US Open verpasst. Foto: Stephen Brashear
In der ersten Runde hatte er sein schlechtestes Ergebnis bei dem Prestige-Turnier erspielt und war Drittletzter geworden. Am folgenden Tag rutschte der 39-Jährige sogar zwischenzeitig auf den vorletzten Rang ab. Er verpasste erstmals seit neun Jahren den Cut. 2014 war Tiger Woods wegen Rückenbeschwerden nicht angetreten.Der deutsche Titelverteidiger Martin Kaymer, der zum Auftakt mit einer 72er-Runde zwei über Platzstandard auf Rang 52 lag, schlägt erst am Nachmittag (Ortszeit) ab. Auch die Führenden, Dustin Johnson (USA) und der Schwede Henrik Stenson (beide 65), haben späte Startzeiten. Masters-Sieger Jordan Spieth gesellte sich nach dem zweiten Durchgang zur Spitze mit fünf unter Par.
«Tiger Woods zerfällt» – lautete die Schlagzeile von «USA Today» nach dem desaströsen Spiel des einstigen Idols. «Ich bin definitiv nicht zufrieden», sagte der auf Weltranglistenposition 195 abgedriftete Kalifornier, der den Schlüssel zum erfolgreichen Spiel verloren hat. Immer wieder landeten seine langen Schläge in den Dünen, seine Putts verfehlten das Loch einige Male um Längen. Fast hätte er sich noch verletzt, als er an einem der steilen Hänge ausrutschte und auf dem Hosenboden landete.Die Miene des einstigen Idols war wie schockgefroren – nur wenige gute Schläge gelangen ihm auf dem Küstenplatz direkt am Pazifik. Hunderte Fans litten schon zum Auftakt mit, als ihm an der achten Bahn beim Befreiungsversuch aus dem dichten Dünengras der Schläger aus den Händen glitt und in hohem Bogen über die Schulter flog. In den sozialen Medien war die Szene der Renner. Besonders krass spielte Woods das Schlussloch, als er wie ein Hobbygolfer sein Holz drei toppte und der Ball über die Landschaft in den Sandbunker schoss.
Die US-Presse hatte Woods‘ Ankündigung, nach erneuter Schwungumstellung mit neuem Coach fast schon wieder der Alte zu sein, schon vorher stark angezweifelt. «Ich muss mich da durcharbeiten», sagte der Amerikaner nun: «Ich arbeite so hart, wie ich kann, aber aus irgendeinem Grund fehlt mir die Konstanz.» Kaum einer glaubt noch, dass der 14-malige Majorsieger sie je wiederfindet. Ihm ist die Leichtigkeit abhandengekommen. Und im Dezember wird Tiger Woods 40. Auch für Kaymer ist die Titelverteidigung in weite Ferne gerückt. «Am Anfang bin ich nicht so richtig ins Spiel gekommen, habe nacheinander Bogey, Eagle und Doppel-Bogey gespielt. Ich denke, die Runde ist dennoch akzeptabel», sagte Kaymer der Deutschen Presse-Agentur.
Der aktuelle Weltranglistenerste, Rory McIlroy, der mit Kaymer in einer Gruppe spielt, kam ebenfalls mit zwei Schlägen über Standard ins Clubhaus. «Der Platz ist anstrengend, vor allem vom mentalen Aspekt», sagte der Nordire. An den steilen Hängen rutschten vor Turnierbeginn zwei Caddies mit ihren schweren Taschen aus, einer verletzte sich dabei am Knöchel. Für Aufregung sorgte am Freitag ein Schwindelanfall des Australiers Jason Day, der auf der letzten Bahn plötzlich umfiel. Nach medizinischer Hilfe beendete er zwar den Durchgang, wurde dann aber sofort zu eingehenden Untersuchungen begleitet.Der Ratinger Marcel Siem verbuchte eine 73er Runde, der Münchner Stephan Jäger beendete den ersten Tag seines Debüts beim zweiten Major mit vier über Par. Er lag auf dem geteilten 98. Platz.
Von Heiko Oldörp und Britta Körber, dpa